17.02.2022 News Eisenach (epd). Martin Luther (1483-1546) hat das Neue Testament zwischen dem 18. Dezember 1521 und dem 1. März 1522 auf der Wartburg bei Eisenach ins Deutsche übertragen. Dort lebte er seit Mai 1521 versteckt unter dem Schutz des sächsischen Kurfürsten Friedrich des Weisen.
- Denn Luther war vogelfrei, der Kaiser hatte die Reichsacht über ihn verhängt, weil er auf dem Reichstag in Worms seine Thesen nicht widerrufen hatte.
- Zuvor hatte es seit 1466 bereits 18 Versuche einer Bibelübersetzung ins Deutsche gegeben.
- Die von Luther vorgelegte Übertragung des Neuen Testaments gilt nicht nur als die traditionsreichste deutsche Bibelübersetzung, sondern auch als wichtige Grundlage zur Herausbildung einer deutschen Schriftsprache.
Er suchte nach Worten, die jedermann verstehen konnte. Viele bis heute gebräuchliche Begriffe wie Nächstenliebe, Herzenslust, Schandfleck, Lückenbüßer, Lästermaul oder Gewissensbisse lassen sich auf seinen Text zurückführen. Im September 1522 erschien Luthers Übersetzung des Neuen Testaments in gedruckter Form („Septembertestament”).1534 folgte die erste komplette Ausgabe der Bibel mit Altem und Neuem Testament auf Deutsch.
Neben Luther beteiligte sich an der Übertragung des Alten Testaments aus dem Hebräischen und Aramäischen ein ganzes Team von Kollegen vor allem der Wittenberger Universität. Bis heute ist die Lutherbibel die von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) empfohlene Bibelübersetzung für den evangelischen Gottesdienst.
Auch in ihrer heutigen Form geht sie auf die Übersetzung Martin Luthers zurück. Allerdings führten im Laufe der Jahrhunderte neue Erkenntnisse im Bereich der Bibelwissenschaften sowie die Entwicklung der deutschen Sprache immer wieder zu Anpassungen der ursprünglichen Fassung.
Was hat Luther 1520 gemacht?
Martin Luther: Steckbrief und Lebenslauf –
10. November 1483: Geburt in Eisleben als Sohn von Hans Luder. 1498-1501: Besuch der Lateinschule Eisenach. Januar 1505: Aufnahme des Jurastudiums an der Universität Erfurt. 2. Juli 1505: Der Jurastudent gerät bei Stotternheim in ein Gewitter. In seiner Nähe schlägt ein Blitz ein, und der Luftdruck wirft ihn zu Boden. Vor Schreck gelobt er: “Hilf du, heilige Anna, ich will ein Mönch werden!” 17. Juli 1505: Eintritt als Novize in das Kloster der Erfurter Augustiner-Eremiten. 04. April 1507: Priesterweihe in Erfurt. Sommer 1507: Theologiestudium in Erfurt. Herbst 1507: Luther legt sein Mönchsgelübde ab. Beginn starker innerer Glaubenskämpfe. 1510: Im November schickt Johann von Staupitz Luther gemeinsam mit einem Ordensbruder nach Rom, um dort Angelegenheiten des Augustiner-Ordens zu verhandeln. In Rom tut Luther gute Werke und eine Generalbeichte, um einen völligen Ablass zu erhalten. Luther ist enttäuscht von der Selbstgefälligkeit der kirchlichen Hierarchie. 1511: Luther lehrt Moralphilosophie an der Universität Wittenberg. 18. Oktober 1512: Promotion zum Doktor der Theologie, Übernahme der Professur für Bibelauslegung an der Theologischen Fakultät. Subprior des Wittenberger Augustiner-Eremitenklosters. 1512-17: Das 5. Laterankonzil war zu keiner echten Kirchenreformation bereit.1517 schloss es ohne greifbare Ergebnisse. 1513: Im Frühjahr erfährt Luther eine Stunde biblischer Erkenntnis im Turm des Schwarzen Klosters zu Wittenberg. Luther entdeckt die Gnade und den Glauben als Grundlage für die Rechtfertigung vor Gott. Er kommt zu seinem reformatorischen Durchbruch. 1517: Papst Leo X. erneuert den 1506 ausgeschriebenen Jubiläumsablass, als er für den Bau der neuen Peterskirche Geld benötigt. Johann Tetzel verkauft im Auftrag von Albrecht, Erzbischof von Mainz und Magdeburg, den Ablass in Magdeburg und Brandenburg. 31. Oktober 1517: Anschlag der 95 Thesen an die Schlosskirche zu, In ihnen kritisiert Luther den Ablasshandel und prangert die lasche Praxis der Sündenvergebung an. 12.-14. Oktober 1518: Verhör Luthers durch Kardinal Cajetan in Augsburg. Luther verweigert den Widerruf seiner Schriften. 27. Juni-16. Juli 1519: Leipziger Disputationen mit Johannes Eck. Luther bricht mit der römischen Kirche, als er die Unfehlbarkeit der Konzilien und den Primat des Papstes bestreitet. Luther lässt nur noch Abendmahl und Taufe als Sakrament gelten. 1520: Veröffentlichung der drei reformatorischen Hauptschriften: “An den christlichen Adel deutscher Nation”, “Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche” und “Von der Freiheit eines Christenmenschen”. 15. Juni 1520: Verurteilung der lutherischen Lehre durch die Bannandrohungsbulle “Exsurge Domine” von Papst Leo X.
Martin Luther war viel unterwegs: Von Eisenach über Erfurt nach Wittenberg. Wer behält da noch den Überblick? Die Interaktive Karte schafft Klarheit. Was ist wann passiert? Und vor Allem: Wo? Klicken Sie einfach die schwarze Linie entlang durch die digitalen Fußspuren des Reformators.
10. Dezember 1520: Luther verbrennt die päpstliche Bannandrohungsbulle am Elstertor in Wittenberg. Damit bricht er mit der römischen Kirche. 3. Januar 1521: Ein kirchlicher Bann wird über Luther durch die Bannbulle “Decet Romanum Pontificem” von Papst Leo X ausgesprochen. Luther ist damit aus der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen. 17./18. April 1521: Luther spricht vor dem Reichstag in Worms. Erneut verweigert er den Widerruf, diesmal vor Kaiser und Reich. 8. Mai 1521: Luther wird auf dem Reichstag in Worms von Kaiser Karl V. geächtet, erhält aber freies Geleit. Luther ist vogelfrei. Luther wird auf der Rückreise von Worms im Auftrag von Friedrich dem Weisen von Sachsen auf die Wartburg entführt. Dort lebt er unter dem Decknamen “Junker Jörg”. Einer Legende zufolge soll Luther nachts dort vom Teufel geweckt worden sein. Er verteidigt sich, indem er ein Tintenfass gegen Satan wirft. Dezember 1521-Februar 1522 : Übersetzung des Neuen Testaments. 1522: Luther übernimmt unter Lebensgefahr erneut die Professur in Wittenberg. 1523: Reichstag in Nürnberg. Beginn selbstständiger Gemeindebildungen. Nonnen und Mönche treten aus ihren Klöstern aus. 09. Oktober 1524: Luther tritt aus dem Orden aus. 1525: Im Bauernkrieg “Ermahnung zum Frieden” und “Wider dir räuberischen und mörderischen Rotten der Bauern”. 13. Juni 1525: Eheschließung mit der ehemaligen Nonne Katharina von Bora. 1527: Abendmahlschrift gegen den, 1529: 2. Reichstag zu Speyer: Der Kaiser fordert die Durchführung des und die Einstellung und Zurücknahme jeder kirchlichen Neuordnung. Die reformatorischen Reichsstände protestieren (Protestanten). 1529: Ausgabe des großen und kleinen Katechismus. 1530: : Die Protestanten legen ihr Bekenntnis ab (). Luther auf der Veste in Coburg. 1532: Der Nürnberg Religionsfrieden ermöglicht die Ausbreitung des Protestantismus. 1537: Luther schreibt die “Schmalkaldischen Artikel” für das ausgeschriebene Konzil. 1544: In Torgau wird die erste protestantische Kirche eingeweiht. 1545-1563: Trienter Konzil: Die bedeutendsten Beschlüsse dieses Konzils bestimmten den Katholizismus bis in die Gegenwart hinein. 18. Februar 1546: Tod in Eisleben. 25. September 1555: Augsburger Religionsfrieden: Der Krieg zwischen Katholiken und Lutheranern wird beendet.
: Steckbrief Martin Luther
Wie heißen die 95 Thesen?
Einzelnachweise –
- ↑ Hochspringen nach: a b c d http://www.luther.de/leben/anschlag/95thesen.html
- ↑ Michaela Scheibe: 95 oder 87? Martin Luthers Disputationsthesen zur Klärung der Kraft der Ablässe. Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz, 31. Oktober 2016
- ↑ siehe: Franz von Soden (Hg): Christoph Scheuerl’s Briefbuch. Potsdam 1872, Bd.2, Nr.160, S.43.
- ↑ Karl Heinz Keller: Zu einer frühen volkssprachlichen Übertragung von 30 der 95 Thesen Luthers. In: Entwicklungen und Bestände – Bayerische Bibliotheken im Übergang zum 21. Jahrhundert. Harrassowitz, Wiesbaden 2003, S.175.
- ↑ VD 16 L3323.
- ↑ VD 16 L3333.
- ↑ siehe Karl Heinz Keller: Zu einer frühen volkssprachlichen Übertragung von 30 der 95 Thesen Luthers,
- ↑ Johannes Schilling ( Memento vom 11. November 2014 im Internet Archive ). Eine Auflistung der Ausgaben bei: Friedrich Kapp : Geschichte des Deutschen Buchhandels bis in das siebzehnte Jahrhundert, Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1886, Bd.1, S.412,
- ↑ Albrecht von Brandenburg trat die Nachfolge von Uriel von Gemmingen an
- ↑ Lyndal Roper: Luther. Der Mensch Martin Luther. Die Biographie.S. Fischer, Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-10-066088-6, S.13.
- ↑ Helga Schnabel-Schüle : Reformation. Historisch-kulturwissenschaftliches Handbuch. Metzler, Heidelberg 2017, ISBN 978-3-476-02593-7, S.5.
- ↑ Martin Treu: An die Türen der Wittenberger Kirchen – Neues zur Debatte um den Thesenanschlag,
- ↑ Lateinisches Original: „Anno Doini 1517 in profesto oim Sanctoru p() Witeberge in valuis templorum propositae sunt pro de Indulgentiis a D Mart Luth”.
- ↑ W. Marchewka, M. Schwibbe, A. Stephainski: Zeitreise.800 Jahre Leben in Wittenberg / Luther.500 Jahre Reformation, Edition Zeit Reise, Göttingen 2008, S.39,
- ↑ DFG-Projekt „Aufarbeitung des Nachlasses Georg Rörers (1492–1557) in der Thüringer Universitäts- und Landes-bibliothek Jena (ThULB) ” ( Memento vom 19. Januar 2012 im Internet Archive )
- ↑ vgl. Erwin Iserloh: Luther zwischen Reform und Reformation. München 1966.
- ↑ Benjamin Hasselhorn, Mirko Gutjahr: Tatsache! Die Wahrheit über Luthers Thesenanschlag. Evangelische Verlagsanstalt, Leipzig 2018, ISBN 978-3-374-05638-5,
- ↑ Historiker: Luthers Thesenanschlag ist eine Tatsache. Evangelische Kirche in Mitteldeutschland, 10. Oktober 2018
- ↑ Meisterdrucke: Luther vor Kardinal Cajetan während der Kontroverse seiner 95 Thesen (#97515). In: Meisterdrucke.de. Abgerufen am 21. Mai 2022,
- ↑ Christopher Spehr : Luther und das Konzil, Mohr Siebeck, 2010, ISBN 978-3-16-150474-7, S.44 ( google.de ).
- ↑ Hochspringen nach: a b Volker Leppin : Martin Luther,2. Auflage. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2010, ISBN 978-3-534-23743-2, S.138–141,
- ↑ Thomas Kaufmann : Aneignungen Luthers und der Reformation: Wissenschaftsgeschichtliche Beiträge zum 19.–21. Jahrhundert, Mohr Siebeck, 2022, ISBN 978-3-16-161336-4, S.480 ( google.de ).
- ↑ Ernst Bizer : Fides ex auditu: eine Untersuchung über die Entdeckung der Gerechtigkeit Gottes durch Martin Luther, Neukirchener Verlag, 1961, S.177 ( google.de ).
- ↑ Dokumente, die die Welt bewegen, 95 Thesen und die Gegenreformation, ard.de, 11. Juni 2022
Wie viele Thesen gibt es?
95 Thesen In schwere Bronze gegossen sind die 95 Thesen von Martin Luther heute am Portal der Wittenberger Schlosskirche zu besichtigen. Ob Luther sie damals, am 31. Oktober 1517, als Flugschriften dort angeschlagen hat, ist nicht gesichert. Aber der Theologe brachte seine kritischen Thesen an die Öffentlichkeit und schon bald wurden sie aus dem Lateinischen ins Deutsche übersetzt, gedruckt, verbreitet und im ganzen Land diskutiert.
- Die Veröffentlichung der 95 Thesen Martin Luthers gilt als Beginn der Reformation.
- Aus Liebe zur Wahrheit und im Verlangen, sie zu erhellen, sollen die folgenden Thesen in Wittenberg disputiert werden unter dem Vorsitz des ehrwürdigen Pater Martin Luther, Magister der freien Künste und der heiligen Theologie, dort auch ordentlicher Professor der Theologie.
Daher bittet er jene, die nicht anwesend sein können, um mit uns mündlich zu debattieren, dies in Abwesenheit schriftlich zu tun. Im Namen unseres Herrn Jesus Christus. Amen.
- Als unser Herr und Meister Jesus Christus sagte: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen”, wollte er, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sei.
- Dieses Wort darf nicht auf die sakramentale Buße gedeutet werden, das heißt, auf jene Buße mit Beichte und Genugtuung, die unter Amt und Dienst der Priester vollzogen wird.
- Gleichwohl zielt dieses Wort nicht nur auf eine innere Buße; ja, eine innere Buße ist keine, wenn sie nicht äußerlich vielfältige Marter des Fleisches schafft.
- Daher bleibt Pein, solange Selbstverachtung, das ist wahre innere Buße, bleibt, nämlich bis zum Eintritt in das Himmelreich.
- Der Papst will und kann nicht irgendwelche Strafen erlassen, außer denen, die er nach dem eigenen oder nach dem Urteil von Kirchenrechtssätzen auferlegt hat.
- Der Papst kann nicht irgendeine Schuld erlassen; er kann nur erklären und bestätigen, sie sei von Gott erlassen. Und gewiss kann er ihm selbst vorbehaltene Fälle erlassen; sollte man diese verachten, würde eine Schuld geradezu bestehen bleiben.
- Überhaupt niemandem vergibt Gott die Schuld, ohne dass er ihn nicht zugleich – in allem erniedrigt – dem Priester, seinem Vertreter, unterwirft.
- Die kirchenrechtlichen Bußsatzungen sind allein den Lebenden auferlegt; nach denselben darf Sterbenden nichts auferlegt werden.
- Daher erweist uns der Heilige Geist eine Wohltat durch den Papst, indem dieser in seinen Dekreten Tod- und Notsituationen immer ausnimmt.
- Dumm und übel handeln diejenigen Priester, die Sterbenden kirchenrechtliche Bußstrafen für das Fegfeuer vorbehalten.
- Jenes Unkraut von kirchlicher Bußstrafe, die in Fegfeuerstrafe umgewandelt werden muss, ist offenbar gerade, als die Bischöfe schliefen, ausgesät worden.
- Einst wurden kirchliche Bußstrafen nicht nach, sondern vor der Lossprechung auferlegt, gleichsam als Proben echter Reue.
- Sterbende lösen mit dem Tod alles ein; indem sie den Gesetzen des Kirchenrechts gestorben sind, sind sie schon deren Rechtsanspruch enthoben.
- Die unvollkommene geistliche Gesundheit oder Liebe des Sterbenden bringt notwendig große Furcht mit sich; diese ist umso größer, je geringer jene ist.
- Diese Furcht und dieses Erschrecken sind für sich allein hinreichend – ich will von anderem schweigen –, um Fegfeuerpein zu verursachen, da sie dem Schrecken der Verzweiflung äußerst nahe sind.
- Hölle, Fegfeuer, Himmel scheinen sich so zu unterscheiden wie Verzweiflung, Fast-Verzweiflung, Gewissheit.
- Es scheint notwendig, dass es für Seelen im Fegfeuer ebenso ein Abnehmen des Schreckens wie auch ein Zunehmen der Liebe gibt.
- Und es scheint weder durch Gründe der Vernunft noch der Heiligen Schrift erwiesen zu sein, dass Seelen im Fegfeuer außerhalb eines Status von Verdienst oder Liebeswachstum sind.
- Und auch dies scheint nicht erwiesen zu sein, dass sie wenigstens alle ihrer Seligkeit sicher und gewiss sind, mögen schon wir davon völlig überzeugt sein.
- Deshalb meint der Papst mit „vollkommener Erlass aller Strafen” nicht einfach „aller”, sondern nur derjenigen, die er selbst auferlegt hat.
- Es irren daher diejenigen Ablassprediger, die da sagen, dass ein Mensch durch Ablässe des Papstes von jeder Strafe gelöst und errettet wird.
- Ja, der Papst erlässt den Seelen im Fegfeuer keine einzige Strafe, die sie nach den kirchenrechtlichen Bestimmungen in diesem Leben hätten abtragen müssen.
- Wenn überhaupt irgendein Erlass aller Strafen jemandem gewährt werden kann, dann ist gewiss, dass er nur den Vollkommensten, d.h. den Allerwenigsten gewährt werden kann.
- Unausweichlich wird deshalb der größte Teil des Volkes betrogen durch jene unterschiedslose und großspurige Zusage erlassener Strafe.
- Die Vollmacht, die der Papst über das Fegfeuer im allgemeinen hat, hat jeder Bischof und jeder Pfarrer in seiner Diözese und in seiner Pfarrei im besonderen.
- Der Papst tut sehr wohl daran, dass er den Seelen nicht nach der Schlüsselgewalt, die er so gar nicht hat, sondern in Gestalt der Fürbitte Erlass gewährt.
- Lug und Trug predigen diejenigen, die sagen, die Seele erhebe sich aus dem Fegfeuer, sobald die Münze klingelnd in den Kasten fällt.
- Das ist gewiss: Fällt die Münze klingelnd in den Kasten, können Gewinn und Habgier zunehmen. Die Fürbitte der Kirche aber liegt allein in Gottes Ermessen.
- Wer weiß denn, ob alle Seelen im Fegfeuer losgekauft werden wollen, wie es nach der Erzählung bei den Heiligen Severin und Paschalis passiert sein soll.
- Keiner hat Gewissheit über die Wahrhaftigkeit seiner Reue, noch viel weniger über das Gewinnen vollkommenen Straferlasses.
- So selten einer wahrhaftig Buße tut, so selten erwirbt einer wahrhaftig Ablässe, das heißt: äußerst selten.
- In Ewigkeit werden mit ihren Lehrern jene verdammt werden, die glauben, sich durch Ablassbriefe ihres Heils versichert zu haben.
- Ganz besonders in Acht nehmen muss man sich vor denen, die sagen, jene Ablässe des Papstes seien jenes unschätzbare Geschenk Gottes, durch das der Mensch mit Gott versöhnt werde.
- Denn jene Ablassgnaden betreffen nur die Strafen der sakramentalen Satisfaktion, die von Menschen festgesetzt worden sind.
- Unchristliches predigen diejenigen, die lehren, dass bei denen, die Seelen loskaufen oder Beichtbriefe erwerben wollen, keine Reue erforderlich sei.
- Jeder wahrhaft reumütige Christ erlangt vollkommenen Erlass von Strafe und Schuld; der ihm auch ohne Ablassbriefe zukommt.
- Jeder wahre Christ, lebend oder tot, hat, ihm von Gott geschenkt, teil an allen Gütern Christi und der Kirche, auch ohne Ablassbriefe.
- Was aber der Papst erlässt und woran er Anteil gibt, ist keineswegs zu verachten, weil es – wie ich schon sagte – die Kundgabe der göttlichen Vergebung ist.
- Selbst für die gelehrtesten Theologen ist es ausgesprochen schwierig, vor dem Volk den Reichtum der Ablässe und zugleich die Wahrhaftigkeit der Reue herauszustreichen.
- Wahre Reue sucht und liebt die Strafen; der Reichtum der Ablässe aber befreit von ihnen und führt dazu, die Strafen – zumindest bei Gelegenheit – zu hassen.
- Mit Vorsicht sind die (päpstlich-)apostolischen Ablässe zu predigen, damit das Volk nicht fälschlich meint, sie seien den übrigen guten Werken der Liebe vorziehen.
- Man muss die Christen lehren: Der Papst hat nicht im Sinn, dass der Ablasskauf in irgendeiner Weise den Werken der Barmherzigkeit gleichgestellt werden solle.
- Man muss die Christen lehren: Wer einem Armen gibt oder einem Bedürftigen leiht, handelt besser, als wenn er Ablässe kaufte.
- Denn durch ein Werk der Liebe wächst die Liebe, und der Mensch wird besser. Aber durch Ablässe wird er nicht besser, sondern nur freier von der Strafe.
- Man muss die Christen lehren: Wer einen Bedürftigen sieht, sich nicht um ihn kümmert und für Ablässe etwas gibt, der erwirbt sich nicht Ablässe des Papstes, sondern Gottes Verachtung.
- Man muss die Christen lehren: Wenn sie nicht im Überfluss schwimmen, sind sie verpflichtet, das für ihre Haushaltung Notwendige aufzubewahren und keinesfalls für Ablässe zu vergeuden.
- Man muss die Christen lehren: Ablasskauf steht frei, ist nicht geboten.
- Man muss die Christen lehren: Wie der Papst es stärker braucht, so wünscht er sich beim Gewähren von Ablässen lieber für sich ein frommes Gebet als bereitwillig gezahltes Geld.
- Man muss die Christen lehren: Die Ablässe des Papstes sind nützlich, wenn die Christen nicht auf sie vertrauen, aber ganz und gar schädlich, wenn sie dadurch die Gottesfurcht verlieren.
- Man muss die Christen lehren: Wenn der Papst das Geldeintreiben der Ablassprediger kennte, wäre es ihm lieber, dass die Basilika des Heiligen Petrus in Schutt und Asche sinkt als dass sie erbaut wird aus Haut, Fleisch und Knochen seiner Schafe.
- Man muss die Christen lehren: Der Papst wäre, wie er es schuldig ist, bereit, sogar durch den Verkauf der Basilika des Heiligen Petrus, wenn es sein müsste, von seinem Geld denen zu geben, deren Masse gewisse Ablassprediger das Geld entlocken.
- Nichtig ist die Heilszuversicht durch Ablassbriefe, selbst wenn der Ablasskommissar, ja, sogar der Papst selbst, seine Seele für sie verpfändete.
- Feinde Christi und des Papstes sind diejenigen, die anordnen, wegen der Ablasspredigten habe das Wort Gottes in den anderen Kirchen völlig zu schweigen.
- Unrecht geschieht dem Wort Gottes, wenn in ein und derselben Predigt den Ablässen gleichviel oder längere Zeit gewidmet wird wie ihm selbst.
- Meinung des Papstes ist unbedingt: Wenn Ablässe, was das Geringste ist, mit einer Glocke, einer Prozession und einem Gottesdienst gefeiert werden, dann muss das Evangelium, das das Höchste ist, mit hundert Glocken, hundert Prozessionen, hundert Gottesdiensten gepredigt werden.
- Die Schätze der Kirche, aus denen der Papst die Ablässe austeilt, sind weder genau genug bezeichnet noch beim Volk Christi erkannt worden.
- Zeitliche Schätze sind es offenkundig nicht, weil viele der Prediger sie nicht so leicht austeilen, sondern nur einsammeln.
- Es sind auch nicht die Verdienste Christi und der Heiligen; denn sie wirken ohne Papst immer Gnade für den inneren Menschen, aber Kreuz, Tod und Hölle für den äußeren.
- Der heilige Laurentius sagte, die Schätze der Kirche seien die Armen der Kirche. Aber er redete nach dem Wortgebrauch seiner Zeit.
- Wohlüberlegt sagen wir: Die Schlüsselgewalt der Kirche, durch Christi Verdienst geschenkt, ist dieser Schatz.
- Denn es ist klar, dass für den Erlass von Strafen und von ihm vorbehaltenen Fällen allein die Vollmacht des Papstes genügt.
- Der wahre Schatz der Kirche ist das heilige Evangelium der Herrlichkeit und Gnade Gottes.
- Er ist aber aus gutem Grund ganz verhasst, denn er macht aus Ersten Letzte.
- Der Schatz der Ablässe ist hingegen aus gutem Grund hochwillkommen, denn er macht aus Letzten Erste.
- Also sind die Schätze des Evangeliums die Netze, mit denen man einst Menschen von Reichtümern fischte.
- Die Schätze der Ablässe sind die Netze, mit denen man heutzutage die Reichtümer von Menschen abfischt.
- Die Ablässe, die die Prediger als „allergrößte Gnaden” ausschreien, sind im Hinblick auf die Gewinnsteigerung tatsächlich als solche zu verstehen.
- Doch in Wahrheit sind sie die allerkleinsten, gemessen an der Gnade Gottes und seiner Barmherzigkeit im Kreuz.
- Bischöfe und Pfarrer sind verpflichtet, die Kommissare der apostolischen Ablässe mit aller Ehrerbietung walten zu lassen.
- Aber noch stärker sind sie verpflichtet, mit scharfen Augen und offenen Ohren darauf zu achten, dass die Kommissare nicht anstelle des Auftrags des Papstes ihre eigenen Einfälle predigen.
- Wer gegen die Wahrheit der apostolischen Ablässe redet, der soll gebannt und verflucht sein.
- Wer aber seine Aufmerksamkeit auf die Willkür und Frechheit in den Worten eines Ablasspredigers richtet, der soll gesegnet sein.
- Wie der Papst mit Recht den Bann gegen die schmettert, die mit einigem Geschick etwas zum Schaden des Ablasshandels im Schilde führen,
- so viel mehr beabsichtigt er, den Bann gegen die zu schmettern, die unter dem Deckmantel der Ablässe etwas zum Schaden der heiligen Liebe und Wahrheit im Schilde führen.
- Zu glauben, die päpstlichen Ablässe seien derart, dass sie einen Menschen absolvieren könnten, selbst wenn er – gesetzt den unmöglichen Fall – die Gottesgebärerin vergewaltigt hätte, das ist verrückt sein.
- Wir sagen dagegen: Die päpstlichen Ablässe können nicht einmal die kleinste der lässlichen Sünden tilgen, was die Schuld betrifft.
- Dass gesagt wird, selbst wenn der heilige Petrus jetzt Papst wäre, könnte er nicht größere Gnaden gewähren – das ist Blasphemie gegen den heiligen Petrus und den Papst.
- Wir sagen dagegen: Auch dieser und jeder Papst haben noch größere Gnaden, nämlich das Evangelium, Wunderkräfte, Gaben, gesund zu machen, wie 1 Kor 12,28.
- Zu sagen, das mit dem päpstlichen Wappen ins Auge fallend aufgerichtete Kreuz habe den gleichen Wert wie das Kreuz Christi, ist Blasphemie.
- Rechenschaft werden die Bischöfe, Pfarrer und Theologen zu geben haben, die zulassen, dass solche Predigten vor dem Volk feilgeboten werden.
- Diese unverfrorene Ablassverkündigung führt dazu, dass es selbst für gelehrte Männer nicht leicht ist, die Achtung gegenüber dem Papst wiederherzustellen angesichts der Anschuldigungen oder der gewiss scharfsinnigen Fragen der Laien.
- Zum Beispiel: Warum räumt der Papst das Fegfeuer nicht aus um der heiligsten Liebe willen und wegen der höchsten Not der Seelen als dem berechtigtsten Grund von allen, wenn er doch unzählige Seelen loskauft wegen des unseligen Geldes zum Bau der Basilika als dem läppischsten Grund.
- Wiederum: Warum bleibt es bei den Messen und Jahrgedächtnissen für die Verstorbenen, und warum gibt er die dafür eingerichteten Stiftungen nicht zurück oder erlaubt deren Rücknahme, wo es doch schon Unrecht ist, für Erlöste zu beten?
- Wiederum: Was ist das für eine neue Barmherzigkeit Gottes und des Papstes, dass sie einem Gottlosen und einem Feindseligen um Geldes willen zugestehen, eine fromme und Gott befreundete Seele loszukaufen? Gleichwohl befreien sie diese fromme und geliebte Seele nicht aus uneigennütziger Liebe um deren eigener Not willen.
- Wiederum: Warum werden die kirchlichen Bußsatzungen, die der Sache nach und durch Nicht-Anwendung schon lange in sich selbst ausser Kraft gesetzt und tot sind, gleichwohl noch immer durch Bewilligung von Ablässen mit Geldern gerettet, als steckten sie voller Leben?
- Wiederum: Warum baut der Papst, dessen Reichtümer heute weit gewaltiger sind als die der mächtigsten Reichen, nicht wenigstens die eine Basilika des Heiligen Petrus mehr von seinen eigenen Geldern als von denen der armen Gläubigen?
- Wiederum: Was gibt der Papst denen als Erlass oder Anteil, die durch vollkommene Reue ein Recht auf vollen Erlass und vollen Anteil haben?
- Wiederum: Was könnte der Kirche einen größeren Vorteil verschaffen werden, wenn der Papst, wie er es einmal tut, hundertmal am Tag jedem Gläubigen diese Erlässe und Anteile gewährte?
- Vorausgesetzt, der Papst sucht durch die Ablässe mehr das Heil der Seelen als die Gelder – warum setzt er dann schon früher gewährte Schreiben und Ablässe außer Kraft, obgleich sie doch ebenso wirksam sind?
- Diese scharfen, heiklen Argumente der Laien allein mit Gewalt zu unterdrücken und nicht durch Gegengründe zu entkräften, heißt, die Kirche und den Papst den Feinden zum Gespött auszusetzen und die Christen unglücklich zu machen.
- Wenn also die Ablässe nach dem Geist und im Sinne des Papstes gepredigt würden, wären alle jene Einwände leicht aufzulösen, ja, es gäbe sie gar nicht.
- Mögen daher all jene Propheten verschwinden, die zum Volk Christi sagen: Friede, Friede!, und ist doch nicht Friede.
- Möge es all den Propheten wohlergehen, die zum Volk Christi sagen: Kreuz, Kreuz!, und ist doch nicht Kreuz.
- Man muss die Christen ermutigen, darauf bedacht zu sein, dass sie ihrem Haupt Christus durch Leiden, Tod und Hölle nachfolgen.
- Und so dürfen sie darauf vertrauen, eher durch viele Trübsale hindurch in den Himmel einzugehen als durch die Sicherheit eines Friedens.
Aus der neuen Übersetzung der lateinischen Lutherschrift „Disputation zur Klärung der Kraft der Ablässe” (kurz: „95 Thesen”) von Johannnes Schilling und Günther Wartenberg unter Mitarbeit von Michael Beyer, Band 2: Christusglaube und Rechtfertigung, hrsg. von Johannes Schilling, Leipzig 2006, S.1-15. Die Veröffentlichung erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Evangelischen Verlagsanstalt.
- Der Assistent Luthers, Georg Rörer, hat 1541 notiert: „Im Jahr 1517 am Vorabend von Allerheiligen sind in Wittenberg an den Türen der Kirchen die Thesen über den Ablass von Doktor Martin Luther vorgestellt worden.” Wie das aussah, und was wirklich passierte, darüber sind sich die Historiker bis heute nicht einig.
- 1517 veröffentlichte Martin Luther als Mönch seine 95 Thesen gegen den Ablasshandel und wollte damit eine Reform seiner Kirche anregen. Die Bewegung, die er damit auslöste, ergriff nicht nur das kirchliche Leben, sondern auch alle Bereiche der Gesellschaft. Heute ist Martin Luther als Reformator und Begründer des Protestantismus weltbekannt.
- Am Reformationstag (31. Oktober) erinnern Protestanten in aller Welt an den Beginn der Reformation durch Martin Luther und die Entstehung der evangelischen Kirche. Der Tag erinnert an die Präsentation der 95 Thesen Martin Luthers im Jahre 1517, mit der die Reformation ihren Anfang nahm.
500 Jahre Reformation 2017. Ein Grundlagentext des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, 2014 (4. Auflage, 2015) ISBN 978-3-579-05973-0 Preis 6,99 Euro (D)
: 95 Thesen
Wer hat die Bibel auf Deutsch übersetzt?
Der Übersetzer war – wie später Luther – ein Antisemit – Der österreichische Übersetzer hatte auch seine dunkle Seite. „Er war ein sagt Martin Schubert. Sie hätten den Herrgott erschlagen, warf er ihnen vor und zog in wüster Sprache über sie her. Da hätte Luther zugestimmt.
- Auch er hetzte übel gegen die Juden.
- Auch das werden die Editoren ausführlich kommentieren.
- Wenn in zwölf Jahren zum ersten Mal eine Gesamtausgabe dieser ersten Bibelübersetzung vorliegt, wird das Luthers Leistung keinen Abbruch tun.
- So wortgewaltig war keiner seiner Vorgänger.
- Einer hat dem „Volk aufs Maul geschaut”, wie er es tat.
Und Luther bleibt der Erste, der die Bibel aus ihrer Originalsprache übersetzt hat, aus den griechischen und den hebräischen Quellen. : 200 Jahre vor Luther: Bibelübersetzung? Ein Österreicher war der Erste